Martin Philadelphy

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avant electro pop

BLIND IDIOT GODS

„Man muß systematisch Verwirrung stiften, das setzt Kreativität frei.“ Keine Ahnung, ob Martin Philadelphy den Satz des Surrealisten Salvador Dali verinnerlicht hat. Oder überhaupt kennt. Aber mit Leben erfüllt der Musiker ihn tagtäglich. Irgendwann verliert auch der bestmeinende Rezipient den Überblick – allein über die Projekte, die Philadelphy betreibt, betrieben hat oder demnächst, bald oder irgendwann zu betreiben gedenkt. „Kloan und braun“ heisst ein Solo-Programm, „In Gnomini et Philadelphy, Amen“ ein anderes. „Elektro Farmer“ ein Projekt, „Die Sheriffs von Nottingham“ ein anderes, „The Philadelphy Experience“ ein drittes. Und das ist nur ein Bruchteil der Vita dieses Mannes. Zwischendurch gibt er dann auch mal den Herodes in „Jesus Christ Superstar“. Fast scheint es, als hätte der Künstler, 38, gebürtig aus Innsbruck („Aber ich weiß es nicht mehr so genau“) selbst bisweilen den Überblick über sein Oeuvre verloren. Aber es scheint nur so.
Karrierberater würden jedenfalls drei Kreuze schlagen bei einem wie Philadelphy. Jetzt biegt er wieder mit einem neuen Etikett um die Ecke. BLIND IDIOT GODS. Daß es den Namen, allerdings ohne Plural-„s“, schon einmal gab in der Musik-Historie – nämlich für ein amerikanisches Prae-Grunge-Instrumental-Trio der achtziger Jahre, von zugegebenermaßen nur mässiger Berühmtheit – stört den guten Martin nicht weiter. „Könnte einen Skandal geben, im besten Fall natürlich“, lässt er wissen. „Der Ausdruck “Blind Idiot God” ist ja ein Synonym für Offenheit, Direktheit, Geschenk, Zufall, Hingabe. Das passt schon.“ Na dann.

BLIND IDIOT GODS – ANIMALATION

Tatsächlich spielt der Zufall eine große Rolle bei den BLIND IDIOT GODS. Und Martin Philadelphy nicht allein auf weiter Bühne. Neben und mit ihm werkt Stephan Sperlich an der Tastatur. Philadelphy selbst singt – vom Timbre her gelegentlich an Peter Gabriel erinnernd – und bearbeitet die Gitarre. Im Herbst 2008 erschien auf dem Steirischen Label Pumpkin Records mit dem Song „Eva“ ein erstes Lebenszeichen der BLIND IDIOT GODS. Im Herbst des Vorjahrs dann mit Steve Millers „Abracadabra“ auf dem „Death To The 80ies“-Sampler von Ink Music ein zweiter. „Animalation“ Anfang 2010 ist das erste umfassende Statement. Ein tierisches Unterfangen. Und vielleicht das erste Opus in Philadelphys umfangreicher Diskografie, das Chancen auf ein großes Publikum hat.
Chamäleongleich setzt das Duo sich in seinen Songs gern verschiedene (Tier-) Masken auf, als Platzhalter und Metaphern fur menschliche und alllzumenschliche Eigenheiten. BLIND IDIOT GODS verleihen jedem Tier einen eigenen Sound. Und eine eigene Botschaft. Augenzwinkern scheint aber immer durch die Masken hindurch. Ratten, Fische, Vögel, gestiefelte Kater, Kalif Storch – auf „Animalation“ tritt ein ganzer Zoo unterschiedlichster Charaktere auf. Was Sperlich und Philadelphy uns damit sagen wollen? Allerhand: von der Abneigung gegen heutige Schönheitsideale bis zur Dunkelheit, die den Maulwurf schützt. Die seelischen Tiefen und Untiefen des „Human Animal“ Mensch. Einige Texte entstanden in Zusammenarbeit mit der New Yorker Lyrikerin Jane Le Croy.
„Martin Philadelphy scheint auf sympathische Art chaotisch – und ein wenig besessen. Von der Musik, versteht sich. So lässt sich zumindest der Sprung vom Krankenpfleger zum Straßenmusiker und weiter zum Berufsmusiker erklären.“ (Marlene Mayer, „Die Presse“). Tatsächlich ist die Vita des Projekts BLIND IDIOT GODS so sprunghaft, schillernd und interessant wie die seiner Protagonisten. Aber die sollen Ihnen die Story ruhig selbst erzählen.
Kritiker verwenden, so sie die Musik von Philadelphy/Sperlich beschreiben (zu den BLIND IDIOT GODS gibt es selbstredend noch keine zitablen Wertungen), gerne Adjektive wie „ironisch“, „kontroversiell“, „schräg“ oder „hinterlistig“ Zum schönen Bild „Rumpelstilzchen meets Zappa“ verstieg sich das „Innsbrucker Stadtblatt“. Die „Vorarlberger Nachrichten“ zeichneten Philadelphy als „Gnom, Strolch, Lüstling und unruhigen Geist im Porzellanladen der Unterhaltungsbranche.” Andernorts heisst es: „Potenzielle Hits treffen deliziösen Schwachsinn”. Alles so zutreffend wie unzutreffend. Tatsache ist: die BLIND IDIOT GODS atmen die Spielfreude, die Ungezwungenheit, Improvisationskraft und Virtuosität des Jazz (vor allem live). Und sind doch lupenreiner Pop.
„Wir sind in die Welt gevögelt, und können doch nicht fliegen“ postulierte der Dramatiker Werner Schwab einst. Martin Philadelphy und Stephan Sperlich, diese göttlich-blinden Idioten mit Musikinstrumenten, können es.

 

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